Was ist Ökumene?
„Ich ermahne euch aber, liebe Brüder, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle mit einer Stimme redet und lasst keine Spaltungen unter euch sein,
sondern haltet einander fest in einem Sinn und in einer Meinung.“ (1. Korinther 1,10) …
… so schrieb der Apostel Paulus einst an die Christen in Korinth. Unruhen waren in der Gemeinde aufgekommen, so dass Paulus sich dazu genötigt sah, diese zur
Einheit aufzurufen.
Derlei Ermahnungen finden sich in der Bibel noch öfter, wie z.B. in Epheser 4,2f. Dort heißt es: „Ertragt einer den andern in Liebe und seid darauf bedacht, zu wahren
die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens.“
Und dennoch kam es im Laufe der Jahrhunderte zu verschiedenen Konflikten, Spannungen und auch Spaltungen innerhalb des Christentums. Denken Sie z.B. einmal
an die Reformation, eine Erneuerungsbewegung mit und um Martin Luther herum, im Rahmen derer u.a. die ev. - luth. Kirche entstand.
Diesen Streitigkeiten und Kirchenspaltungen steht nun der Begriff Ökumene gegenüber.
Er stammt vom griechischen oikouménē ab und bedeutet so viel wie bewohnte Erde oder ganzer Erdkreis. Mit Ökumene ist die
Bemühung zur weltweiten Wiederherstellung der Einheit der christlichen Kirchen gemeint. Dabei geht es nun aber nicht darum, die
verschiedenen christlichen Kirchen wieder zu einer zusammenzuführen. Absicht ökumenischer Bestrebungen ist es, trotz aller Vielfalt
und Unterschiede der einzelnen Kirchen, diese als Gemeinschaft zusammenfinden und zusammenarbeiten zu lassen.
Doch wie soll das gehen nach z.T. Jahrhunderte langer Trennung und Ablehnung?
Folgender Gedanke steckt dahinter: Da alle christlichen Kirchen letztlich auf das Evangelium, d.h. auf die frohe Botschaft Jesu Christi,
fußen, stellt die Verkündigung des Evangeliums in Wort und Sakrament den kleinsten gemeinsamen Nenner dar, auf dem die Einheit der
Kirche aufgebaut werden kann. Darüber hinausgehende Ordnungen und Verfassungen der einzelnen christlichen Kirchen sind demnach
zwar wahr- und ernst zu nehmen, stellen aber keine kirchentrennenden Gegensätze dar.
Verdeutlichen lässt sich dies gut an der sogenannten Leuenberger Konkordie von 1973:
Nach einer Reihe von Lehrgesprächen haben sich verschiedene lutherische, reformierte und unierte Kirchen Europas auf ein gemeinsames Evangeliumsverständnis
geeinigt, auf dessen Grundlage sie sich nun gegenseitige Kirchengemeinschaft in Wort und Sakrament zusprechen können. Dazu gehört neben der Kanzel- und
Abendmahlsgemeinschaft auch die gegenseitige Anerkennung der Ordination. Ganz praktisch gesprochen bedeutet dies, dass nun z.B. lutherische und reformierte
Gemeinden zusammen Gottesdienst feiern können. Auch können Mitglieder der einen Kirche am Abendmahl der anderen teilnehmen.
Eine weitere wichtige Errungenschaft der Ökumene stellt der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) dar. Dieser wurde 1948 in Amsterdam gegründet und ist das
zentrale Organ der ökumenischen Bewegung. Die Organisation strebt die freiwillige Gemeinschaft aller christlichen Kirchen an, die Jesus Christus als Gott bekennen,
d.h. an den dreieinen Gott (Vater, Sohn und Heiliger Geist) glauben. Heute gehören ca. 345 Kirchen der Gemeinschaft an. Die Röm.- Kath. Kirche ist kein Mitglied
der ÖRK, arbeitet aber mit ihm zusammen.
In den Gemeinden vor Ort bekommt man im Alltag von diesen großen Zusammenkünften und Gesprächen oft nicht viel mit. Gelebte Ökumene können Sie aber immer
dann erfahren, wenn z.B. Einschulungsgottesdienste von verschiedenen christlichen Kirchen gemeinsam ausgerichtet werden, wenn sich ein Paar trauen lässt, das
verschiedenen christlichen Konfessionen angehört oder wenn in der Gemeinde der Gottesdienst zum Weltgebetstag vorbereitet wird.